Die persönliche Wolke

Cloud Computing
Als jemand, der regelmäßig an verschiedenen Orten mit unterschiedlichen Geräten und Betriebssystemen arbeitet, schätze ich die Vorzüge des Cloud Computing. 
Seit einigen Jahren spielt es keine Rolle mehr, mit welchem Gerät oder Betriebssystem ich wo arbeite: Meine Daten synchronisiere ich über Geräte- und Betriebssystemgrenzen hinweg mit Hilfe von Dropbox, meine Notizen verwalte ich mit Evernote. Reicht der Platz bei diesem Diensten mal nicht aus, nutze ich zusätzlich die Angebote von Amazon’s Cloud Drive und Ubuntu One. Solange ich online bin, bediene ich mich in der Cloud, sollte ich mal offline sein, habe ich meine Daten auch lokal zur Verfügung.


Ich erinnere mich nur ungern daran, wie ich noch vor wenigen Jahren damit umgegangen bin: Daten auf CDs und USB-Sticks, der meist manuelle Abgleich von verschiedenen Computern, kein Zugriff auf meine Daten mit mobilen Geräten. Es war ziemlich nervig und meist ging auch noch etwas schief…


Allerdings: Trotz der großen Arbeitserleichterung, die das Arbeiten in und mit der Cloud mit sich bringt, bleibt ein ein ungutes Gefühl. Mein Bauch sagt ja zum Cloud Computing, weil es so komfortabel ist, mein Verstand sagt, dass es keine gute Idee ist, meine Daten irgend welchen Anbietern in der Wolke zu überlassen. Dabei geht es nicht in erster Linie um die Sicherheit der Daten, sondern um deren Schutz. Trotz gelegentlicher Probleme bei den großen Cloud-Anbietern gehe ich davon aus, dass aus rein technischer Sicht meiner Daten dort weitaus sicherer untergebracht sind als auf meinen eigenen Backup-Medien; allerdings nur, so lange der Anbieter seinen Dienst nicht einstellt oder pleite macht. Die Probleme mit dem Datenschutz bleiben: Die Anbieter sind meist in den USA und es gelten die dortigen Datenschutzbestimmungen. Letztlich bleibt mir nichts anderes übrig, als den Anbietern zu vertrauen, und zu hoffen, dass sie mit meinen Daten keinen Unsinn treiben. Die Überlegung, dass ich meine Daten verschlüsselt bzw. passwortgeschützt auf den Servern der Anbieter ablegen kann, hilft nur bedingt, da ich mich selbst darum kümmern muss und es aus Bequemlichkeit wohl immer wieder mal vergessen werde.


ownCloud
Solche Gedanken machen sich natürlich viele Menschen. Einige denken über Alternativen nach und entwickeln sie auch. Ein wichtiges Projekt ist ownCloud, ein Open Source Projekt, das sich der Entwicklung einer privaten bzw. persönlichen „Wolke“ widmet. Die Idee dahinter ist recht einfach: Statt Daten irgend welchen Anbietern in der Wolke anzuvertrauen, sollen die Benutzer die Möglichkeit bekommen, ihre Daten in einer von Ihnen kontrollierten Cloud zu speichern und trotzdem von überall an sie herankommen. Die Software, die dies ermöglichen soll, braucht nur geringe Hardwareanforderungen und ist einfach zu installieren.


Um ownCloud ohne Konfigurationsaufwand zu testen, habe ich mir bei Susestudio ein fertige Virtuelle Maschine „ownCloud in a box“ (im VMware-Format) heruntergeladen und unter VMware Fusion gestartet. Unter Windows oder Linux geht das mit dem kostenlosen VMware Player oder – nach Umwandlung – auch mit dem ebenfalls kostenlosen VirtualBox. Es gibt auch fertige Pakete zum Installieren, z.B. für Ubuntu.
Die VM ist fix und fertig eingerichtet. Nach dem Start ist sie im Browser unter einer IP-Adresse im lokalen Netzwerk zu erreichen. Bei mir ist das http://192.168.94.131/owncloud/. Nachschauen kann man die IP-Adresse, indem sich als root mit dem Passwort linux direkt in der VM anmeldet und den Befehl ifconfig eingibt; als Ergebnis erhält man u.a. die IP-Adresse der VM. 
Die Verwaltung von ownCloud erfolgt im Browser. http://192.168.94.131/owncloud/ aufrufen und als admin mit dem Passwort owncloud42 anmelden. 

Momentan kann man Daten, Musik und Lesezeichen zu owncloud hochladen. Außerdem gibt es noch einen einfachen Kalender und eine Adressverwaltung. Das ist alles noch ziemlich „basic“ und ohne den Komfort von Diensten wie Dropbox. In erster Linie fehlen ein automatischer Synchronisationsdienst und der Zugriff mit Mobilgeräten (Smartphones).
Folgende Dienste sind u.a. in der aktuellen Version 2.x realisiert:
  • Dateiverwaltung im Browser,
  • Teilen von Dokumenten mit anderen,
  • Streamen von Musik,
  • Kalender und Kontakte,
  • Zugriff per WebDAV.
In Entwicklung sind u.a. folgende Dienste und Funktionen:
  • Bildergalerie,
  • Online Text Editor und online Task Manager,
  • Verschlüsselung,
  • Datensynchronisierung,
  • Apps für Android und webOS.
ownCloud ist ein interessanter Ansatz, da er den Benutzern mit relativ einfachen Mitteln die Kontrolle über ihre Daten zurückgibt. Im Prinzip reichen ein einfacher, auch älterer Rechner und ein Dienst wie pagekite oder no-ip, der die dynamische IP-Adresse der meisten Benutzer auf eine „permanente“ Adresse umsetzt. Eine – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt – vergleichbare Funktionalität ermöglicht allerdings auch ein preiswertes NAS-System, beispielsweise FreeNAS.
Allerdings ist Cloud Computing nicht mit einfachen Dateizugriffen gleichzusetzen. Das wichtigste Merkmal des Arbeitens in und mit der Wolke ist m. E. vielmehr die Integration der Dienste und die Tatsache, dass Betriebssysteme und Geräte praktisch keine Rolle mehr spielen.


Update 31. Januar 2012
Inzwischen gibt es ownCloud in der Version 3.0, die einige Neuerungen mit bringt. Mehr dazu hier: http://www.heise.de/open/meldung/OwnCloud-erreicht-Version-3-0-1424529.html 


Update 22. Mai 2012
Owncloud gibt es jetzt in der Version 4. Hinzugekommen ist eine Dateien-Versionierung, die Möglichkeit, Dateien verschlüsselt abzulegen und ein Viewer für Daten im ODF-Format. Dropbox-, FTP- und Google Drive-Verzeichnisse können eingebunden werden (experimentell).
http://www.heise.de/newsticker/meldung/ownCloud-4-integriert-Versionsverwaltung-1580810.html  
 
 
Tonido
Etwas weiter als ownCloud ist Tonido. Die kostenlose Software gibt es für Linux, Mac OS X und Windows. Apps gibt es für Android, Blackberry, iOS und Windows Phone 7. Tonido braucht keinen dezidierten Server, die Software kann auf einem beliebigen Rechner im lokalen Netz installiert werden. 

Am komfortabelsten läuft Tonido, wenn man sich beim Hersteller ein kostenloses Konto einrichtet. Dann ist die Tonido-Installation über die Adresse meinname.tonido.com aus dem Internet erreichbar, und zwar ohne einen dynamischen DNS-Dienst. In diesem Fall läuft die Verbindung über einen Relay-Server der Firma Tonido, die verspricht, keine Daten zwischenzuspeichern. Wer dem Anbieter nicht vertraut, kann stattdessen einen Dienst wie no-ip oder pagekite in Anspruch nehmen. Verbindungen im lokalen Netz laufen nicht über einen externen Server. 
Tonido bietet u.a. folgende Dienste an:
  • Dateiverwaltung im Browser und in Apps für Smartphones,
  • Datenfreigaben,
  • Teilen von Dokumenten mit anderen,
  • Streamen von Musik und Videos,
  • Kalender und Kontakte,
  • Fotogalerien,
  • manuelle Synchronisation von Daten über ein spezielles Verzeichnis beim Anbieter,
  • verschlüsselte Datenübertragung.
Die Attraktion von Tonido liegt darin, dass es ohne Aufwand auch von Menschen eingerichtet werden kann, die über keine großen Computerkenntnisse verfügen, und dass es Apps für Smartphones gibt. Was noch fehlt, ist auch hier der Komfort der automatischen Synchronisation über Geräte- und Betriebssystemgrenzen hinweg von Diensten wie Dropbox.

Ein ausführlicher Bericht zu Tonido ist in der c’t 1/2012 erschienen.
 








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2 Antworten zu Die persönliche Wolke

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